<p class="ql-block">"Älterer Bruder, lass dich heute deine Haare schneiden. Vater hat zu mir gesagt, als er zur Arbeit geht." Vier Jahre lang in jedem Semester als ich von der Universität in Beijing nach Hause komme, sagt meine jüngere Schwester nach dem Aufsehen vom Bett bestimmt immer das gleiche, wie ein Tonband. Ich pflege in der Jugend gerne lange Haare. Ich finde es so cool, wenn ich die Haare mit beiden Händen nach hinten bringe und dann den Kopf links und rechts schüttle. Jetzt kann ich nur mein graues, spärliches Haar sorgfältig nach hinten streicheln und an die Jugend erinnern. In meiner Universität ist ein Friseurladen vorhanden. Bis zu den 1980er Jahren bekommt man in China die Wohnung vom Arbeitgeber kostenlos zugeteilt. "Mein Sohn heißt acht tausend. Diesen Namen hat er selbst verdient." Ich besuche den Friseur nicht regelmäßig. Einmal Besuch kostet damals zwei Yuan. Mit zwei Yuan kann ich drei Portionen Schweinerippchen bei der Unimensa kaufen. "Unsere Wohnung ist knapp geworden. Wenn meine Eltern noch eine andere Wohnung bekommen, ziehen wir sofort weg. Wir warten ab." Ich warte im Friseurladen bis ich an die Reihe komme. "Die erste Tochter besucht die Grundschule. Aber ich möchte einen Sohn haben. Jetzt ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Für die Strafe des zweiten Kindes habe ich acht tausend Yuan bezahlt. Acht tausend, mein Sohn." Auf dem Friseursitz aus kann ich ihn nur von der Seite betrachten. Wie denkt er? Glücklich oder unglücklich? Ich kann es nicht unterscheiden. Mein vierjähriges Studium hat damals vier tausend Yuan gekostet. Eine Kuh macht muh, viele Kühe machen Mühe. Man muss sich Mühe geben, um die vielen Kühe ernähren zu können. Jetzt darf man in China bis drei Kinder auf die Welt bringen, aber viele junge Leute wollen sogar nicht heiraten, von der Geburt der Kinder kann gar keine Rede sein.</p> <p class="ql-block">"Wir haben für die Tochter keine Strafe bezahlt. Das haben wir dem Oberbürgermeister des Straßenkomitees zu verdanken." Der Taxifahrer, Meister Li, redet sehr gerne mit uns. Von der Innenstadt Chengdu nach Dujiangyan, dem Wasserprojekt vor zwei tausend Jahren, haben wir am vorigen Abend ein Mitfahrttaxi auf dem Didi---dem chinesischen Uber, bestellt. Meister Li hat mich gleich angerufen und schlägt uns vor, um acht Uhr statt um neun Uhr los zu fahren. Wir haben seinen Vorschlag akzeptiert. In Shanghai habe ich einen Taxifahrer gehabt. Auf der Fahrt hat er mindestens zwei mal die Augen zugemacht. Das waren zwar Sekunden, aber es kann das Leben kosten. Um ihn munter zu motivieren, habe ich ihm zwei anständige Witze erzählt und habe ihn zum Lachen gebracht. "Naja, in Shanghai und in Beijing, in solchen Großstädten leben die Menschen unter Druck und Stress. Sie sind überfordert. " Meister Li setzt seine Rede fort, nachdem ich die Geschichte von Shanghai Taxifahrer erzählt habe. "Wir Sichuane leben gemütlich und gelassen. So was tun wir nicht. Mit kleinem Wohlstand sind wir zufrieden. Ich persönlich mache zum Beispiel nur Tagschicht. Ich fahre im Großen und Ganzen die Strecke zwischen Chengdu und Dujiangyan mit den Sehenswürdigkeiten wie Dujiangyan, Tal der Pandabären sowie Qingcheng Berg. Eine Fahrt dauert etwa eineinhalb Stunden. Aber zu den Feiertagen muss man sich spätestens um sieben Uhr schon auf den Weg machen. Unterwegs braucht man vier, fünf Stunden. Das ist kein gutes Erlebnis für die Gäste. Deshalb habe ich euch gestern angerufen wegen der früheren Abfahrt. Es dauert noch zwanzig Minuten, bis wir die anderen zwei Passagiere mitnehmen. Habt ihr schon gefrühstückt? Unsere Sichuan Küche schmeckt hervorragend. Mag deine deutsche Freundin auch unser Essen? Deutschland kenne ich noch nicht. Ich war nicht dort. Was? Du bist auch nicht in Deutschland gewesen? Das kann doch nicht wahr sein, oder? Du hast doch eine deutsche Freundin!" In diesem Zeitpunkt sehen wir ein junges Paar auf der Straße und winkt auf unser Auto zu. "Wir sind Kollegen und schreiben ein Buch über die Menschen in Sichuan." Ich versuche, ihm sachlich klarzustellen.</p> <p class="ql-block">Meiser Li kommt von der Stadt Lang Zhong in Sichuan. Er wurde im Jahr 1969 geboren. Er lässt auf seinem Personalausweis seine Geburt durch Beziehungen um vier Jahre älter umschreiben, so daß er vor zwei Jahren schon seine Rente bezieht. Mein Vater hat auch meine Geburt geschummelt aber ein Jahr jünger. Meine Rente hat sich deshalb unglücklich ein Jahr später verschoben. C'est la vie. Immerhin gehören wir beiden zu der glücklichsten Sozialschicht Chinas. Lang Zhong ist eine der vier bekanntesten chinesischen Altstädte. In seiner Heimat verwaltet die Familie seit Jahren einen Friseursalon. Das Geschäft läuft in der letzten Zeit nicht gut und sie haben keine Mitarbeiter angestellt. Außerdem bewirtschaftet sein Sohn noch ein Restaurant und eine Online-Firma für Angebot der Trinkersatzfahrer in Lang Zhong. Der Sohn kann seine Familie ernähren. "Der Oberbürgermeister des Straßenkomitees ist unser Stammkunde im Salon. Meine Schwester hat für ihre zweite Tochter acht tausend Yuan Strafe bezahlt. Aber für unser zweites Kind, die Tochter, ist die Gebühr auf zwölf tausend Yuan hoch gestiegen. Das wollen wir nicht. Der Chef des Straßenkomitees sagt mir, am nächsten Tag darauf zur Standesbehörde (Abteilung für Bevölkerungsregister im Polizeidienst) zu gehen. Ohne Strafgeühr zu bezahlen hat es gut geklappt. Meine Tochter besucht in Chengdu die Universität. Viele Steine im Sack, aber Gott steuert den Rucksack. Jetzt brauchen wir keine Strafe mehr zu bezahlen für die Übergeburt. Die Periode ist vorbei. Meine Rente ist nicht ganz hoch, sie ist für mich Garantie zu überleben. Wo ist mein Lieblingsort in Chengdu? Täglich fahre ich die Gäste hin und her. Ich selbst aber habe wenig Orte angeschaut. Emeishan, Jiuzhaigou, gehören zu meinen Lieblingsorten. Auf dem Goldgipfel von Emeishan Berg hat man einen tollen Überblick auf den Sonnenaufgang und auf das Wolkenmeer. Jiuzhaigou hat wunderschöne Landschaften. Man führt hin zuerst mit dem Hochgeschwindigkeitszug und dann mit dem Bus. Es lohnt sich sehr. Meine Heimat Lang Zhong ist auch sehenswürdig. Im Jahr 2008 gab es schlimmes Erdbeben. Dujiangyan mit 20 Km und Lang Zhong mit 200 Km vom Erdbebenzentrum entfernt sind jeweils schwer betroffen. Die vierhundert jährige weiße Pagode in Lang Zhong ist in der Mitte gebrochen. Der Oberbürgermeister hat bei der Provinzregierung um zwölf Milliarden Yuan beauftragt, um unsere Stadt wieder aufzubauen. Die Infrastruktur hat sich viel verbessert. Der Flughafen ist im letzten Jahr in Betrieb genommen. Also unsere Stadt Lang Zhong hat einiges bei sich.</p> <p class="ql-block">Das junge Pärchen ist ins Taxi eingestiegen. Sie wollen auch Dujiangyan besuchen. Der Junge ist zufällig mein unbekannter Kollege, also ein chinesisch sprechender Reiseleiter. Er erzählt seiner Freundin über das großarige Wasserprojekt mit großer Begeisterung. Er meint, es gäbe ein Gate kostenlos speziell für die Reiseleitung. Die Senioren ab sechzig Jahren sind sowieso beim Besuch eintrittsgebührfrei. Das ist der Vorteil des Alters. Vor dem Besuch mache ich kaum Vorbereitung. Ich nehme es auf, was mir vorkommt. Simone und ich wollen beim Haupteingang anfangen und das junge Pärchen bei dem Höhepunkt ganz oben auf dem Berg. Manche Menschen trifft man im Leben zwei Mal und viele nur ein Mal. Nach dem Aussteig haben wir uns nicht einmal getroffen. Den Fahrer, Meister Li, habe ich ihn auf Wechat hinzugefügt. "Ich bleibe in Dujiangyan bis 18 Uhr. Wenn wir Glück haben, können wir gemeinsam nach Chengdu zurück fahren. Dann habe ich Feierabend. Nach der Dusche trinke ich ein Gläschen Alkohol, spiele eine Weile mit dem Handy. Fernsehen? Nein, der Fernseher ist dank dem Handy zur Dekoration geworden. Wer sieht heute noch fern? Vor dem Schlaf muss ich noch die Termine vom nächsten Tag per Telefon bestätigen. Am Montag habe ich frei. In den ersten Jahren habe ich für meine Unerfahrenheit hohen Preis bezahlt. Erfolg kommt von der Anhäufung des Verlusts. Ein Freund von mir hat am Vormittag nur 17.51 Yuan verdient, dann bekommt er gar keine Nachfrage mehr. Mehr und mehr Leute fahren als Taxifahrer, es sind aber dementsprechend nicht so viele Kunden gewachsen. Das ist der Markt."</p> <p class="ql-block">"Chengdu hat mir auf dieser Reise viel Spaß gemacht. Ich komme aus Beijing. Zum chinesischen Neujahrstag dieses Jahres war ich zehn Tage lang in Chengdu. Mamamiya, es ist nass kalt. Ich habe meine Daunenjacke an gehabt. Nur an einem Tag ist die Sonne in Erscheinung getreten. Der Hund hat gebellt. Im Winter bleibe ich gerne im Norden wegen der Heizung oder in dem subtropischen Hainan wegen dem Sonnenschein. Ich war vorher mehrmals sehr kurzzeitig in Chengdu, kann aber die Stadt nicht gut kennen lernen. Mit meiner deutschen Kollegin bleibe ich hier diesmal drei Wochen. Es wird sich viel mehr anbietenanbieten als zuvor, denke ich. Viele Flüsse in Chengdu haben ihre Quelle bei Dujiangyan. Nun sind wir in der Nähe des Ursprungs." "Ich war in Beijing." Meister Li unterbricht mich. "Meine Heimat Lang Zhong ist zwar eine gute Stadt, aber als die Hauptstadt der Sichuan Provinz hat Chengdu mehr Möglichkeiten. Deshalb bin ich nach dem Ruhestand hierher umgezogen. Einerseits kann ich meiner Tochter die Gesellschaft leisten, andererseits kann ich Taxi fahren. Ich habe das Auto gemietet. Privates Auto als Taxi ist zu teuer. Ich verdiene zuerst an dem Tag die Pacht, dann habe ich an diesem Tag keine Schuld mehr. Wenn ich will, kann ich weiter fahren. Oder habe ich Feierabend. Man kann das Geld niemals genug verdienen. Zufriedenheit ist Glück."</p> <p class="ql-block">Ich sitze jetzt in Beijing an meinem Teetisch, gucke den steigenden und schwankenden Teerauch. Mein Sohn sagt mir, er werde die zweite Geburt haben. Er fragt mich, ob ich dabei helfen kann. Ich habe ihm noch nicht geantwortet.</p>